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Freiwilliger Ausstieg aus dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit – ein Schritt aus dem goldenen Käfig

  • Autorenbild: Timm Jacobsen
    Timm Jacobsen
  • 6. Okt.
  • 3 Min. Lesezeit

Glücklich Ausstieg Beamtentum
Glücklich aus dem Beamtentum aussteigen

Immer wieder berichten Zeitungen und Online-Magazine über Menschen, die etwas scheinbar Unvorstellbares tun: Sie geben ihr Beamtenverhältnis auf Lebenszeit freiwillig auf. Jährlich sind es rund 1.000 Beamtinnen und Beamte, die diesen Schritt wagen. Angesichts von etwa 1,8 Millionen Beamten in Deutschland ist das eine sehr kleine Zahl – und doch sorgt jede einzelne Geschichte für großes Interesse.


Kein Rücktritt vom Arbeitsvertrag – sondern Entlassung auf eigenen Antrag

Juristisch betrachtet „kündigt“ ein Beamter nicht. Denn ein Beamtenverhältnis ist kein privatrechtlicher Arbeitsvertrag, sondern ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis. Wer den Staatsdienst verlassen will, muss seine Entlassung beantragen. Erst wenn der Dienstherr diesem Antrag stattgibt, endet das Beamtenverhältnis. Das ist ein bewusster und rechtlich bedeutsamer Akt – kein spontaner Entschluss, sondern meist das Ergebnis langer Überlegung, innerer Abwägung und persönlicher Reifung.


Der Schritt aus dem goldenen Käfig

Für viele Beamtinnen und Beamte bedeutet der Beruf Sicherheit, Planbarkeit und Versorgung – das sprichwörtliche „sichere Nest“.Doch genau diese Sicherheit kann auch zum goldenen Käfig werden. Wer aussteigt, verzichtet auf Versorgung, Status und Routine – gewinnt aber oft Freiheit, Selbstbestimmung und Entwicklungsmöglichkeiten.

Die finanziellen Nachteile eines Ausstiegs sind zwar nach wie vor spürbar, haben sich aber in den letzten Jahren relativiert – insbesondere weil viele Bundesländer mit dem "Altersgeld", die Möglichkeit eingeführt haben, dass man seine Pensionsansprüche nicht verliert, sondern diese bestehen bleiben (aber natürlich auch nicht mehr steigen).

Wie viele Beamte den Wunsch hätten, das System zu verlassen, ohne es tatsächlich zu tun, weiß niemand. Meine persönliche Erfahrung lässt mich vermuten: Es sind weit mehr als 1.000 im Jahr, die ernsthaft über einen Ausstieg nachdenken. Ich glaube auch, dass mehrere tausend Beamte und Beamtinnen sich damit eigentlich keinen Gefallen tun, im Staatsdienst zu bleiben.


Warum ich selbst aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden bin

Ich habe über 13 Jahre als Beamter gearbeitet, zuletzt als Regierungsdirektor (A15) – und kenne die Verwaltung, ihre Stärken und ihre Grenzen sehr genau. Oft begegne ich heute Unverständnis, aber auch großer Neugier auf meine Entscheidung, das Beamtenverhältnis freiwillig zu beenden.

Für mich als neurodivergenten Menschen mit ADHS war die starre Struktur des Staatsdienstes auf Dauer nicht der richtige Rahmen. Ich habe in dieser Zeit viel gelernt und wertvolle Einblicke gewonnen – gerade dort, wo viele Außenstehende nur Langeweile vermuten: im Finanzamt.

Diese Struktur kann für manche neurodivergente Menschen – etwa mit Autismus-Spektrum-Profil – durchaus stabilisierend sein. Für mich jedoch war sie zu eng. Kreativität, Eigeninitiative und unkonventionelle Ideen stießen oft auf Skepsis oder Unverständnis.

Heute – als selbstständiger Rechtsanwalt – kann ich Themen setzen, gestalten und Innovationen wie künstliche Intelligenz und Digitalisierung aktiv in meine Arbeit integrieren. Ich erlebe berufliche Freiheit, Verantwortung und Selbstwirksamkeit – Dinge, die mir im Beamtenverhältnis zunehmend fehlten.


Unterschiedliche Gründe, gleicher Mut

Natürlich sind die Gründe für einen Ausstieg individuell. Bei Lehrkräften kann es die hohe Belastung und fehlende pädagogische Freiheit sein, bei Polizistinnen und Polizisten die psychische Beanspruchung und starre Hierarchie. Allen gemeinsam ist: Der Schritt kostet Mut – und verdient Respekt.

Fazit: Das freiwillige Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis ist ein großer, aber manchmal notwendiger Schritt. Er bedeutet Abschied von Sicherheit – und Aufbruch in persönliche Freiheit. Wer diesen Weg gehen möchte, sollte die rechtlichen und finanziellen Folgen genau prüfen und sich frühzeitig rechtlich beraten lassen.

Ich begleite Beamtinnen und Beamte in Niedersachsen und bundesweit online auf ihrem Weg – von der ersten Überlegung bis zur formalen Entlassung. Mit Verständnis, Erfahrung und einem klaren Blick für die Lebensrealität hinter dem Paragrafen.

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